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Gesetzlicher Auftrag und Zweck

Der Bund gibt aktuell jährlich rund 2,8 Milliarden Franken für Direktzahlungen aus. Als Gegenleistung erbringen die Landwirte gemeinwirtschaftliche Leistungen in den Bereichen sichere Versorgung, Ökologie, Kulturlandschaftspflege, Tierwohl und dezentrale Besiedlung. Der Erhalt von Direktzahlungen ist an spezifische Auflagen geknüpft. Diese sollen sicherstellen, dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung in der Schweiz so erfolgt, dass die erwünschten Leistungen zu Gunsten der Gesellschaft tatsächlich erbracht werden.

Vor dem Hintergrund der grossen finanziellen Bedeutung der Direktzahlungen ist eine regelmässige Überprüfung der Effektivität der Massnahmen sowie der Effizienz des Mitteleinsatz unabdingbar. Entsprechend verpflichtet das Landwirtschaftsgesetz (LwG) den Bund dazu, die Wirksamkeit der agrarpolitischen Massnahmen zu evaluieren (vgl. dazu Artikel 185, Abs. 1ter LwG).

Evaluationsplanung im Bereich der Direktzahlungen

In Erfüllung dieses Auftrags überprüft das BLW die Wirkung des agrarpolitischen Instrumentariums und führt zu diesem Zweck entsprechende Evaluationen durch. Die zeitliche Planung dieser Evaluationen erfolgt einerseits unter Berücksichtigung des BLW-internen Wissensbedarfs für die zeitnahe Weiterentwicklung der agrarpolitischen Instrumente. Andererseits können auch Anliegen von externen Stakeholdern berücksichtigt werden oder Themen und Fragen, welche in politischen Diskussionen eine besondere Bedeutung haben.

Untenstehende Tabelle gibt einen Überblick über den Stand der abgeschlossenen, laufenden und geplanten Evaluationen im Bereich der Direktzahlungen. Gewisse Direktzahlungsmassnahmen, welche bereits länger in Kraft sind – wie etwa die Bio-, Extenso- oder Tierwohlbeiträge – wurden im Rahmen von früheren Evaluationen bereits evaluiert (Flury, 2005).

Mit der AP 14 – 17 wurden verschiedene Massnahmen angepasst oder neu eingeführt. Entsprechend wurden in der jüngsten Evaluationsetappe zwei neu eingeführte Instrumente evaluiert. Dabei handelt es sich um die Förderung der Landschaftsqualität mittels Landschaftsqualitätsbeiträgen und den Beitrag für eine graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion. Die Evaluationen dieser zwei Massnahmen wurden im laufenden Jahr abgeschlossen. Neu gestartet wurde im Frühling 2017 die Evaluation der Versorgungssicherheitsbeiträge (VSB). Die Ergebnisse dieser Evaluation dürften gegen Mitte 2018 vorliegen. In der Vorbereitungsphase befindet sich die Evaluation der Biodiversitätsbeiträge (BDB), welche voraussichtlich im Frühjahr 2018 gestartet wird.

Geplante und abgeschlossene Evaluationen im Bereich der Direktzahlungsprogramme

Direktzahlungsprogramm                                                                                      Mittel-einsatz1Evaluations-StatusAb-schluss
 Mio. Fr.  
Versorgungssicherheitsbeiträge (VSB)1 096begonnen2018
Biodiversitätsbeiträge (BDB)400geplant
(ab 2018)
offen
Landschaftsqualitätsbeiträge (LQB)150abgeschlossen2017
Produktionssystembeiträge464  
 a. Beitrag für biologische Landwirtschaft abgeschlossen2005
 b. Beitrag für extensive Produktion von Ackerkulturen   abgeschlossen2005
 c. Beitrag für graslandbasierte Milch-/Fleischproduktion (GMF)  abgeschlossen2017
d. Tierwohlbeiträge (RAUS/BTS) abgeschlossen2005

1 Budget 2017 gemäss Bundesratsbeschluss vom 15.12.2016
Quelle: BLW

Rückblick: Abgeschlossene Evaluationen

Nachfolgend werden die beiden jüngsten Evaluationsprojekte vorgestellt, welche im Jahr 2017 abgeschlossen wurden. Es handelt sich dabei um die Evaluation der Landschaftsqualitätsbeiträge (LQB) und der Beiträge für die Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF).

Die Evaluation der Landschaftsqualitätsbeiträge hatte zum Ziel, eine erste Standortbestimmung für die Weiterentwicklung der mit der AP 14 – 17 neu eingeführten Landschaftsqualitätsbeiträge vorzunehmen.

Die Autoren der Evaluation stellten fest, dass der mit der Massnahme verbundene Aufwand vor allem in der Startphase für alle Beteiligten gross war (Kantone, Trägerschaften, Landwirte). Nachdem jedoch die Massnahme einmal eingeführt war, hielt sich der Aufwand für die Vollzugsarbeit gemäss Angaben der befragten Betriebsleitenden in Grenzen.

Die Akzeptanz der LQB bei den Bewirtschaftenden ist hoch: so beteiligen sich drei Viertel der Betriebe an den Projekten. Die Evaluation hat auch gezeigt, dass die hohe Teilnahme am LQB-Programm u. a. darauf zurückzuführen ist, dass damit der Wegfall anderweitiger Direktzahlungen – zumindest teilweise – kompensiert werden kann.
Die Wirkung des Programms wird dadurch bestätigt, dass zwei Drittel der Betriebe Massnahmen realisieren, die sie ohne LQB nicht mehr realisieren würden: Es handelt sich oft um besonders landschaftswirksame Massnahmen wie sehr vielfältige Fruchtfolgen im Ackerbau, gewisse Strukturmassnahmen (z.B. Tristen, Suonen, Rebhäuschen), Kastanienselven, Terrassen oder Bergackerbau. Kantone, Trägerschaften und Landwirt/-innen erachten die LQB zur Erhaltung einer vielfältigen Kulturlandschaft überwiegend bis mehrheitlich als nützlich bis sehr nützlich.

Das Evaluatorenteam kommt zum Schluss, dass sich das Programm als wirksames Instrument erweist, um gemeinwirtschaftliche Leistungen der Landwirtschaft im Bereich der Landschaft abzugelten. Bezüglich der Konzeption der Massnahme sind gemäss den Autoren der Evaluation keine grundlegenden Änderungen nötig. Im Hinblick auf das Ende der ersten 8-jährigen Vertragsdauer werden jedoch punktuelle Anpassungen empfohlen: so soll die Massnahmenpalette klarer strukturiert und besser mit Massnahmen anderer Programme koordiniert werden (u.a. Vernetzungsprojekte, Biodiversitätsförderflächen). Weiter soll die Information, Kommunikation und Ausbildung in Zusammenhang mit dem Instrument LQB verbessert und Klarheit bezüglich der finanziellen Perspektiven geschaffen werden (Stichwort Planungssicherheit).
 
Weiterführende Informationen und detaillierte Ergebnisse der Evaluation finden sie im Evaluationsbericht zu den Landschaftsqualitätsbeiträgen (LQB) auf der BLW-Homepage.
 
Die Evaluation der Graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion (GMF) hat gezeigt, dass die betriebliche Beteiligungsrate am GMF-Programm in den Jahren 2014 und 2016 durchschnittlich rund 75 % betrug. In der Bergregion und bei den Biobetrieben war eine weit überdurchschnittliche Beteiligung zu beobachten. Gleiches gilt für die Mutterkuhbetriebe sowie die Schafe-, Ziegen- und Pferdebetriebe. Diese Tierkategorien werden fast ausschliesslich mit Wiesen- und Grundfutter gefüttert und unterschreiten somit die Kraftfutterlimite von maximal 10 % ohne zusätzliche Anstrengungen.

Demgegenüber erfüllte die Hälfte bis zwei Drittel der GMF-Verkehrsmilchbetriebe das Anforderungsniveau nicht im Voraus, weshalb bei diesem Betriebstyp entsprechende Fütterungsanpassungen notwendig wurden. Die damit verbundenen Zusatzaufwendungen und -kosten wurden in der durchgeführten Befragung von Betriebsleitenden jedoch mehrheitlich als gering bezeichnet. Jene Betriebe, bei denen die Erfüllung der Anforderungen hohe Zusatzkosten verursacht hätte, verzichteten signifikant häufiger auf eine Programmteilnahme.

Die Anstrengungen jener GMF-Betriebe, welche die Programmauflagen nicht im Vornherein erfüllten, unterteilen sich in folgende drei Bereiche:

Reduktion des Kraftfuttereinsatzes (23 % aller GMF-Betriebe)

Erhöhung des Grasanteils im Futter (14 % aller GMF-Betriebe) bzw.

Reduktion des Silomaisanteils im Futter (12 % aller GMF-Betriebe)

Die Wirkung der aufgeführten Anpassungsmassnahmen war im Verhältnis zu den gesamtsektoralen Grössen zu gering, als dass sie diese spürbar hätte beeinflussen können: So blieb etwa der totale Mischfutterabsatz in der Milchviehhaltung (je GVE) wie auch die schweizweite Silomaisfläche seit Einführung des GMF-Programms praktisch unverändert.

Gerade beim Kraftfuttereinsatz in der Milchproduktion kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es ohne das GMF-Programm zu einem Anstieg beim Mischfutterabsatz im Milchviehbereich gekommen wäre. Diese Schlussfolgerung legt die statistische Analyse einzelbetrieblicher Daten nahe. Diese kam zum Schluss, dass in der Milchviehhaltung der Kraftfutteranteil von GMF-Betrieben im Durchschnitt der Jahre 2014/2015 um knapp 1 Prozentpunkt tiefer ausgefallen ist, als dass dies ohne das Programm der Fall gewesen wäre.

Konkret betrug der Kraftfutteranteil der GMF-Betriebe mit Milchvieh im Durchschnitt der Jahre 2014/2015 9,8 %. Ohne Wirkung des GMF-Programms hätte der Kraftfutteranteil derselben Betriebsgruppe im Durchschnitt bei 10,7 % gelegen. Bei einer Gesamtration von 6 t Futter in Trockensubstanz je Kuh und Jahr lässt sich bei einem Kraftfutteranteil von 9,8 % ein mengenmässiger Kraftfutteranteil von 588 kg für die GMF-Betriebe mit Milchvieh errechnen. Ohne die Wirkung des GMF-Programms wären jedoch knapp 54 kg mehr Kraftfutter ca. 642 kg eingesetzt worden (10,7 % von 6 t). Das GMF Programm hat somit in den ersten beiden Jahren seit der Einführung dazu beigetragen, dass der Kraftfuttereinsatz in der Milchviehhaltung nicht weiter gestiegen ist.

Insgesamt mag die effektive Wirkung des Programms geringer bzw. die Mitnahmeeffekte höher ausgefallen sein als bei der Einführung des Programms erhofft. Allerdings ist gerade GMF ein Programm, bei dem man in der Schweiz von einem relativ hohen Standard, sprich von einem sehr hohen Gras- bzw. geringen Kraftfutteranteil aus gestartet ist. Folglich liegt die Zielsetzung nicht primär in einer Reduktion des Kraftfuttereinsatzes je Kuh, sondern im Erhalten eines erwünschten Zustands bzw. eines hohen Grasanteils in der Ration. Damit kann einem weiteren Anstieg des Kraftfuttereinsatzes wirksam vorgebeugt werden. Die erhaltende Wirkung von GMF dürfte in Zukunft gar noch von zunehmender Bedeutung sein, da der jährliche Zuchtfortschritt bezüglich Milchleistung weiterhin stattfinden wird und ein allfälliger Grenzschutzabbau zu tieferen Kraftfutterpreisen führen würde: Beide Entwicklungen dürften ohne GMF zu einem erhöhten Kraftfuttereinsatz in der Milchproduktion führen.

Als grosser Schwachpunkt des GMF-Programms führt die Evaluation die Kontrollierbarkeit des deklarierten Kraftfuttereinsatzes auf. Dies ist insofern problematisch, als dass gewisse GMF-Betriebe ein Milchleistungsniveau ausweisen, bei dem nicht plausibel erklärt werden kann, wie die GMF-Vorgabe (max. 10 % Kraftfutter) tatsächlich eingehalten wird. Folglich muss der Kontrollierbarkeit der eingesetzten Kraftfuttermengen bei der künftigen Weiterentwicklung des Programms ein zentraler Stellenwert eingeräumt werden. Andernfalls könnte die Glaubwürdigkeit des Programms untergraben werden, was wiederum zur Folge hätte, dass eines der Programm-Ziele, nämlich die Förderung einer Qualitätsstrategie für Schweizer Milchprodukte, nicht erreicht werden kann.

Weiterführende Informationen und Ergebnisse zur Evaluation des GMF-Programms finden Sie im entsprechenden Evaluationsbericht zur Graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion (GMF) auf der BLW-Homepage.

Ausblick: laufende und geplante Evaluationen

Die Versorgungssicherheitsbeiträge werden seit Mai 2017 von Agroscope (Tänikon) evaluiert. Der Abschluss der Evaluation ist 2018 geplant. Die Versorgungssicherheitsbeiträge sind vom Finanzaufwand betrachtet mit 1,1 Milliarden Franken jährlich das bedeutendste DZ-Instrument (ca. 40 % der totalen DZ). Das Ziel dieses Mitteleinsatzes besteht darin, die Produktionskapazität für Nahrungsmittel der Schweizer Landwirtschaft sowie einen angemessenen Anteil an offener Ackerfläche zu erhalten. Die Erhaltung der Produktionskapazität soll durch eine inländische Produktion in der heutigen Grössenordnung sichergestellt werden, um eine sichere Versorgung auch im Krisenfall gewährleisten zu können (Bundesrat 2009, S. 143).

Aufgrund des hohen Mitteleinsatzes ist es nachvollziehbar, dass die Frage aufgeworfen wird, ob für die Versorgungssicherheit tatsächlich so hohe Summen aufgewendet werden müssen oder ob die Massnahme nicht effizienter ausgestaltet werden könnte. So gibt es Anhaltspunkte dafür, dass in Normalzeiten auch eine tiefere Produktion als die heutige ausreichen könnte – mit entsprechend geringerem Mitteleinsatz – ohne dass bei der Versorgungssicherheit im Krisenfall Abstriche gemacht werden müssten (Schläpfer et al. 2015). Die entsprechenden Mittel könnten folglich für andere Zwecke eingesetzt werden.

Vor diesem Hintergrund besteht der Hauptfokus der laufenden Evaluation darin,

eine Wirkungsanalyse der Versorgungssicherheitsbeiträge im Hinblick auf die Zielerreichung vorzunehmen und

zu prüfen, ob Massnahmen zur Erhöhung der Effizienz der Beiträge möglich und angezeigt sind.

Aufgrund des hohen Mitteleinsatzes im Bereich der Versorgungssicherheitsbeiträge soll zudem evaluiert werden, wie sich die Massnahme auf die landwirtschaftlichen Einkommen und den davon beeinflussten Strukturwandel auswirkt.

Die Biodiversitätsbeiträge sind aufgrund des Mitteleinsatzes eines der bedeutendsten DZ-Instrumente. Zwar wurden im Rahmen einer früheren Evaluationsetappe im Jahr 2005 bereits gewisse Biodiversitäts-relevante Elemente evaluiert (z.B. die heutigen QI-Biodiversitätsförderflächen, welche damals noch ökologische Ausgleichsfläche hiessen). Da sich die Ausgestaltung dieses Instruments seither deutlich verändert hat, plant das BLW eine grössere Evaluation der Biodiversitätsbeiträge für das Jahr 2018. Damit sollen die notwendigen Grundlagen geschaffen werden, um das aus ökologischer Sicht wichtigste Direktzahlungsinstrument bezüglich Wirksamkeit und Effizienz des Mitteleinsatzes zu optimieren. Gleichzeitig sollen die Evaluationsergebnisse auch dazu dienen, das Instrument im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik (AP22+) konzeptionell weiterzuentwickeln.

Literatur

Bundesrat (2009): Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Abgerufen am 24.05.2017 von https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/15603.pdf

Flury C. (2005): Bericht Agrarökologie und Tierwohl 1994 – 2005, Bundesamt für Landwirtschaft, Bern.
 
Schläpfer F., Blum J., Bosshard A. (2015): Multifunktionale Landwirtschaft: Lässt sich Versorgungssicherheit mit Ressourceneffizienz und dem Schutz der Biodiversität vereinbaren? Faktenblatt Nr. 5., Vision Landwirtschaft. Abgerufen am 19.05.2017 von http://www.visionlandwirtschaft.ch/de/publikationen/Faktenblätter/

Rechtserlasse
Landwirtschaftsgesetz (LwG), Art. 185 Abs. 1ter

Simon Peter, BLW, Fachbereich Direktzahlungsgrundlagen, simon.peter@blw.admin.ch

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